Schüler entdecken Spuren des Judentums und der deutschen Grenze
Harmuthsachsen/Asbach – Anlässlich des Gedenktags am 09. November der Reichsprogromnacht 1938 und des Mauerfalls 1989 besuchten die Schülerinnen und SChülerer der Adam-von-Trott-Schule Sontra die Synagoge in Harmuthsachsen und anschließend das Grenzmuseum Schifflersgrund. Etwa 30 Lernende unternahmen am Freitag, den 07. November, mit den Religionslehrern Herrn Giesen und Herrn Rudolf eine Exkursion zu den Gedenkstätten der Gemeinschaft der Juden und geteilten Geschichte Deutschlands.
„Eine jüdische Gemeinschaft braucht drei zentrale Dinge, eine Synagoge, eine Mikwe und eine Schule“, wie Ludger Arnold, Vorstandsmitglied des Vereins der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens, betonte. Eine Mikwe dient im Judentum meist für Frauen als Tauchbad für rituelle Waschungen. Eine solche Mikwe für Reinheit wurde nebenan im Lehrerwohnhaus im Erdgeschoss erbaut. Darin befand sich auch eine Schule, da Juden einen großen Wert auf Bildung legten. Somit errichtete die jüdische Gemeinschaft ein kleines eigenes Zentrum im Dorf.
Bevor die Synagoge 1833 eingeweiht wurde, war sie zuvor eine Scheune, die zu einer Synagoge umgebaut wurde. Die Inneneinrichtung weist besondere Merkmale auf. Üblicherweise war der Toraschrein mit der handschriftlich verfassten Tora Richtung Jerusalem ausgerichtet, unüblich war es aber, diese an einer zusätzlich angebauten Rundung aufzubewahren. An den tiefblauen Wänden der Synagoge lassen sich noch heute die Balken erahnen, die auf die Frauenemporen hinweisen. Unten um die „Bima“, das Pult, saßen die jüdischen Männer, die Frauen befanden sich während des Gottesdienstes auf der hufeisenförmigen Empore.
Während der nationalsozialistischen Zeit wurde die Synagoge 1938 verkauft. Nach erneuter Umnutzung zur Scheune und einigen Jahren Leerstands entdeckte eine Initiative von Bürgerinnen und Bürgern die Synagoge wieder und setzte sich für deren Erhaltung ein. Der damalige Waldkappeler Bürgermeister Peter Hildebrandt pachtete privat die Synagoge, um sie vor dem Verfall zu retten und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nach einer Restauration wurde 2005 der Pachtvertrag nicht mehr verlängert und der Zutritt wurde untersagt, bis der Verein der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens sich letztendlich der Synagoge annahm. Die Synagoge in Harmuthsachsen benötigt weiterhin Restaurationen, finanzielle Mittel bleiben jedoch knapp, weshalb die Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens auf Spenden angewiesen sind. Die Initiative setzt sich als Ziel, die Erinnerung an jüdisches Leben in der Region beizubehalten und an die jüngere Generation weiterzugeben.
Nach dem ausführlichen und detaillierten Rundgang durch Ludger Arnold, zeigte der Religionslehrer Herr Giesen auf, wie wichtig politisches und soziales Engagement für die heutige Gesellschaft sei. Engagement, wie das von Herrn Arnold, sei ein Vorbild für andere Menschen, vor allem für die jungen Schülerinnen und Schüler der Oberstufe. Vor der Weiterfahrt zum Grenzmuseum appellierte der Waldkappeler Bürgermeister Frank Koch, der selbst in Harmuthsachsen wohnt, „nicht nur nebeneinander, sondern miteinander“ zu leben und gemeinsam zu handeln. Der Einsatz des Vereins sei ein bedeutender Bestandteil der Erhaltung der geschichtlichen Gemeinde unserer Region.
Herr Koch sei selbst im Militärdienst bei der Grenzöffnung dabei gewesen, während sich 1989 ein bedeutsamer Schritt in der deutschen Geschichte vollzog. Diesen nahbaren Moment präge ihn als Zeitzeuge bis heute und bleibe ein Erlebnis, das er nicht vergessen werde.
Im Anschluss des Ausflugs in die Synagoge besuchten die Lernenden der Qualifikationsphasen das Grenzmuseum Schifflersgrund an der ehemaligen innerdeutschen Grenze bei Bad Sooden-Allendorf. Während einer interessanten Führung erhielten sie spannende Einblicke in die Geschichte der deutschen Teilung, den Alltag an der Grenze zwischen Hessen und Thüringen und die Grenzöffnung am 18. November 1989. Besonders beeindruckend waren die original erhaltenen Grenzanlagen und die persönlichen Schicksale, die in den Ausstellungsstücken lebendig wurden. Viele Schülerinnen und Schüler zeigten sich bewegt von den Berichten über den tödlich gescheiterten Fluchtversuch von Heinz-Josef Große und das Leben im geteilten Deutschland. „Erst hier habe ich wirklich verstanden, was die Teilung kulturell für die Menschen hier bedeutete“, erklärte eine Schülerin der Q3.
Die Exkursion bot nicht nur eine wertvolle Ergänzung zum Unterricht, sondern auch einen eindrucksvollen Beitrag zur Erinnerungskultur.
Die Oberstufenschüler lernten die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts mit ihren Folgen und Spuren bei ihrer Exkursion deutlich näher kennen. Mit Hilfe von Zeitzeugen wurden sie sich bewusst, dass sie aus der Vergangenheit lernen müssen, um die Zukunft ihrer jungen Generation verantwortungsbewusster zu gestalten und eine Gesellschaft aufzubauen, die mit Mut Zusammenhalt und Engagement schafft.
Maria Reuss und Marie Gonnermann,
Schülerinnen der Oberstufe der Adam-von-Trott-Schule






